#Historischer Gastbetrieb des Jahres 2019

 

Hinter dem Gampenpass, am Südtiroler Nonsberg Richtung Trentino, liegt der Weiler Unsere Liebe Frau im Walde, von den Nonsbergern kurz „Wald“ genannt. In diesem beschaulichen Pilgerort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, endet um 19.00 Uhr der Verkehrslärm, mit der Dämmerung kehrt Ruhe ein. Als ich 2016 zum ersten Mal hier war, habe ich die seltene Aura dieses Ortes sofort gespürt. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Gerade dies macht den Ort nun so modern.

Zwei Jahre später, 2018, wird das Hotel Gasthof zum Hirschen nun als „historischer Gastbetrieb des Jahres in Südtirol“ ausgezeichnet. Zum zwölften Mal kamen die Stiftung Südtiroler Sparkasse, das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler und der Hoteliers- und Gastwirteverband zusammen, um die prestigeträchtige Auszeichnung zu vergeben. Damit reiht sich der einstmals kleine Dorfgasthof der Familie Kofler-Mocatti in eine Reihe mit den größten historischen Hotels des Landes ein. Im 12. Jh. erstmals erwähnt, wurde das Pilgerhospiz im Besitz der Kirche jahrhundertelang von den Hospitaliern geführt. Anschließend war die Herberge im Besitz der Benediktiner, doch scheint sie bereits im 16. Jh. als privat geführter Gasthof auf.

Die Familie Kofler-Mocatti kommt erst in den 1940er Jahren ins Spiel, als Pächter Alois Kofler der Kirche das Gasthaus abkaufte und den Gasthof zum Hirschen, bei den Einheimischen auch „Waldner Wirt“ genannt, nach dem Geschmack jener Zeit umbauen ließ. Tochter Edith machte aus dem Gasthof schließlich ein Hotel, das zugleich seinen dörflichen Gasthaus-Charakter behielt.

Heute betreibt die Familie den Gasthof in dritter Generation. Dabei haben die Geschwister Mirko und Ingrid unter dem Motto „Authentizität in der Veränderung“ zahlreiche Veränderungen und vorgenommen und den Zubau der 80er Jahre neu interpretiert. Ihrem Motto getreu besannen sich die Hausherren wieder auf die ehemalige Rolle des Gasthofes als Pilgerherberge. Ruhe, Entspannung, Kontemplation, Genuss. Weniger ist mehr. „Spiritualität im Tourismus“ nennt Mirko Mocatti eine seiner primären Ansätze. Mit Hilfe des Architekten Lorenzo Aureli gelang diese Umsetzung ausgezeichnet. Und auch im CERVO Restaurant besticht das Zusammenspiel aus regionaler Küche mit strikt lokalen Produkten, neuen Kreationen und dem spirituellem Erbe Hildegard von Bingens.

Das neue Bergrefugium mit Blick auf den Laugen greift Aura und den Charakter des historischen Pilgerhospizes auf und geht dennoch eigene Wege. Die getroffenen Entscheidungen waren unternehmerisch mutig und zugleich riskant. Daher ist die Auszeichnung als Historischer Gastbetrieb des Jahres 2019 eine wichtige Bestätigung auf diesem neuen Weg.

Haimo Perkmann, context

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