#Frauendreißiger

15. August bis 15. September

 

Frauendreißiger - 30 Tage voller Power

Am 15. August ist Mariä Himmelfahrt oder – wie im Volksmund gebräuchlicher – Hochunserfrauentag. In Italien ist der sogenannte ferragosto die Urlaubszeit schlechthin: die Wirtschaft steht, Menschen lassen Hitze und Großstädte hinter sich und alles findet sich al mare oder in montagna ein. An diesem Tag wird unserem ruhigen Bergdorf Leben eingehaucht: es ist der Hochtag der Wallfahrtskirche und zahlreiche Gläubige genießen die Frischluft und kühlen Temperaturen zwischen dem ein und anderen Gebet.

Ist doch der Mai als Marienmonat viel bekannter, finden im Frauendreißiger vom 15. August bis 15. September zahlreiche Prozessionen und Marienfeiertage statt. So etwa neben dem Großen Frauentag am 15.08., der Kleinfrauentag (Mariä Geburt) am 08.09., Mariä Königin am 22.08. oder Mariä Namen am 12.09. Der Frauendreißiger ist sozusagen der Marienmonat im Sommer.

Und genau in diesen vier Wochen wird auch den Bergkräutern eine besonders hohe Wirksamkeit nachgesagt. Nach Gründonnerstag und Johanni im Juni, ist um Mariä Himmelfahrt die drittwichtigste Kräutersammelzeit. Die Bauernapotheke für Mensch und Tier wird für den Winter aufgefüllt und die Kräuter für das ein oder andere Ritual getrocknet und aufbewahrt. Mal unter dem Kopfkissen für das Eheglück, mal am Dachboden als Schutz vor dunklen Mächten, mal am Herrgottswinkel zum Räuchern in schweren Stunden.

Gemäß der heiligen Zahl drei, werden drei Mal drei Kräuter, also neun, zu einem Kräutersträußlein gebunden und in der Messfeier am Hochunserfrauentag gesegnet. Die Zusammensetzung variiert leicht von Gebiet zu Gebiet, doch haben die Sträuße alle eins gemein: die gebundenen Kräuter helfen fast alle bei Frauenleiden.

In der Mitte des Straußes des steht die Königskerze mit ihren gelben Blüten, deren Schleimstoffe bei Halsweh, Heiserkeit und Husten helfen. Es folgt der Beifuß, auch als Frauenkraut oder wilder Wermut bekannt. Dieses Kraut ist die Mutter aller Heilkräuter und wurde schon in der Antike als eine der kraftvollsten Heilpflanzen verehrt. Den ätherischen Ölen werden antibakterielle, beruhigende, desinfizierenden und krampflösenden Eigenschaften zugesprochen. Der Rainfarn ist aus der Familie der Korbblütler und – mit verdauungsfördernder und wurmtreibender Wirkung – das Mittel gegen Ungeziefer.

Heilmittel bei Nierenleiden ist die Goldrute. Mit entwässernder, entzündungshemmender sowie antimykotischer Wirkung und entspannt sie die glatte Muskulatur und hilft bei Blasenerkrankungen, bei Harnsteinen und Nierengrieß.  Die Schafgarbe: “garbe” leitet sich von dem althochdeutschen “garwe” ab, was so viel wie Gesundmacher heißt. Sie ist ein Krampfkraut und wirkt entspannend, beruhigend, blutstillend und krampflösend. Besonders hilfreich bei der Wundheilung, bei Verstauchungen oder Prellungen ist das Rotöl aus Johanniskraut.

Es folgen zwei mediterrane Kräutlein: der Salbei und der Rosmarin. Ersterer ist ein all round Lebensretter: bei Entzündungen der Atemwege, in Mund und Rachen hat er eine schleimlösende, keimabtötende Wirkung, während die Bitterstoffe in der Heilpflanze bei Sodbrennen, Völlegefühl und Blähungen die Verdauung anregen. Kräftigende Eigenschaften werden auch dem Rosmarin, dem Hochzeitsbliaml, zugesprochen. So kurbelt das durchblutungsfördernde und erwärmende Kräutlein den Kreislauf an und hilft bei Rheuma, Muskel- und Gelenkschmerzen. Und zu guter Letzt findet sich im Strauß das Lab- oder Hexenkraut, welches bei Ekzemen oder Hautentzündungen äußerlich angewendet wird. In From von Tee hilft es bei Blasenleiden und bei Verdauungsstörungen.

Aus „Lebendige Bräuche in Südtirol“ von Jutta Tappeiner und Hans Griessmair, erschienen 2019 im Athesia Verlag und herausgegeben von der Südtiroler Bäuerinnenorganisation.

 

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